Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit – Geht das?

Das Arbeitslosengeld I nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beträgt ca. 60 bzw. 67% des zuvor erzielten Nettoeinkommens. Diese erhebliche finanzielle Einbuße ist nicht immer leicht zu verkraften, insbesondere wenn das zuvor erzielte Arbeitsentgelt „gerade so“ zum Leben gereicht hat.

Grundsätzlich ist es Arbeitslosen gestattet, neben dem Bezug von Arbeitslosengeld zu arbeiten, ohne dass dies ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld ausschließt. Allgemeinhin wird angenommen, dass eine Tätigkeit von 15 Stunden die Woche erlaubt ist. Doch Vorsicht! Das Gesetz (§ 119 Abs. 2 Satz 1 SGB III) spricht hier von „weniger als 15 Stunden“, dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Beschäftigung, die 15 Stunden (und mehr) umfasst, Arbeitslosigkeit entfallen lässt; mit der Folge, dass die Bewilligung aufgehoben wird und das gesamte Arbeitslosengeld in der Regel zu erstatten ist.

Oftmals verkannt wird auch der Umstand, dass es der Arbeitsagentur nicht darauf ankommt, ob tatsächlich Einkommen aus der Nebentätigkeit erzielt wird. Auch ein unentgeltliches Praktikum, das 15 Stunden und mehr wöchentlich umfasst, lässt Arbeitslosigkeit grundsätzlich entfallen. Hier besteht jedoch die Möglichkeit, dass ein entsprechendes Praktikum im Rahmen einer sog. MAG (Maßnahme bei einem Arbeitgeber) von ihrem Arbeitsvermittler genehmigt wird. Dann ist der Bezug von Arbeitslosengeld nicht gefährdet.
Grundsätzlich steht dem Arbeitslosen ein Freibetrag von 165,00 € zu (§ 141 Abs. 1 SGB III); dieser wird nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Hier ist zu beachten, dass es sich hierbei um ein „bereinigtes“ Einkommen handelt, d.h. etwaige Steuern, SV-Beiträge und Werbungskosten (hierzu gehören insbesondere die Fahrkosten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte – unbedingt im entsprechenden Formular angeben!) sind zuvor abzuziehen.

Wenn Sie die Nebentätigkeit bereits vor der Arbeitslosigkeit neben Ihrem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt haben, ist es möglich, dass Sie ein sog. privilegiertes Nebenein-kommen erzielen. Voraussetzung ist gemäß § 141 Abs. 2 SGB III, dass Sie in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruches neben Ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung diese Erwerbstätigkeit mindestens zwölf Monate ausgeübt haben. Folge ist, dass das Einkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei bleibt, das in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruches durchschnittlich erzielt wurde. Haben Sie also zuvor z.B. 400,00 € aus einer Nebentätigkeit erzielt, können Sie dies, wenn die o.g. Voraussetzungen vorliegen, auch während der Arbeitslosigkeit dazuverdienen, ohne dass es zu einer Anrechnung und damit zu einer Minderung des Arbeitslosengeldanspruches kommt.
Zu beachten ist weiter, und das wird durch die Arbeitsagenturen nicht selten übersehen, dass das Gesetz in § 119 Abs. 3 Satz 2 SGB III „gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer“ als unschädlich erachtet.

Dies bedeutet, dass Überschreitungen der „weniger als 15 Stunden Grenze“ nicht zum Wegfall des Arbeitslosengeldanspruches führen, wenn diese, so die Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit, nicht voraussehbar waren und auch nicht zu erwarten ist, dass sie sich innerhalb eines Jahres wiederholt. Eine geringe Dauer ist grundsätzlich anzuerkennen, wenn die Abweichung bei einer befristeten Beschäftigung

  • von mindestens 4 Wochen nicht mehr als 1 Woche,
  • von mindestens 8 Wochen nicht mehr als 2 zusammenhängende Wochen,
  • von mindestens 12 Wochen nicht mehr als 3 zusammenhängende Wochen

beträgt.

Bei einer unbefristeten Erwerbstätigkeit liegt eine Abweichung von geringer Dauer nur vor, wenn die Abweichung nicht mehr als 3 zusammenhängende Wochen umfasst. Auf den Umfang der Arbeitszeitüberschreitung kommt es dabei nicht an.

Sollten Sie einen Bescheid erhalten haben, der Nebeneinkommen auf Ihren Arbeitslosengeldans-pruch anrechnet bzw. die Bewilligung aufgrund Erwerbstätigkeit komplett aufhebt und Sie der Auffassung sind, dass dies nicht rechtens ist, sollten Sie umgehend Widerspruch einlegen. Die Arbeitsagentur ist dann verpflichtet, den Sachverhalt erneut umfassend zu prüfen. Bitte beachten Sie hierbei unbedingt die Ein-Monats-Frist zur Einlegung des Widerspruchs. Gerne kümmern wir uns um Ihr Anliegen und beraten Sie auch unverbindlich über die Möglichkeit der Beratungs- bzw. Prozesskostenhilfe, wenn Sie nicht in der Lage sind, etwaig entstehende Kosten zu tragen.